Von 1872 bis in die Gegenwart

Unsere Geschichte

150-jährige Geschichte der Frisia

Als die Studenten Claussen aus Dithmarschen und Kross aus Nortorf am Sonntag,
dem 10. November 1872, sich auf einem gemeinsamen Ausflug zum Knooper
Fährhaus mit Kommilitonen für einen festeren Zusammenschluss ihres selbständigen
Pauk-(Fecht-)kurses mit regelmäßigen Kneipen (studentische Feiern) aussprachen
und dieser sogenannten Kross’schen Blase (Bezeichnung der Korporationen für
nicht-korporierte studentische Gruppierungen) Statuten, eine Satzung und Comment
(traditionelles Regelwerk) geben wollten, war das der Beginn der 8-jährigen Frisia-
Gründungsphase, die erst 1880 vorerst abgeschlossen wurde. Die spätere Frisia war
die fünfte Verbindung (nach dem Corps Holsatia, der Burschenschaft Teutonia, dem
Corps Saxonia und der Landsmannschaft Troglodytia) in Kiel. Sie schloss sich später
im Protest gegen die Couleurverbindungen mit drei weiteren schwarzen
Verbindungen zusammen, wollte zunächst jedoch nicht als Verbindung verstanden
werden und akzeptierte auch zunächst keinen eigenen Namen. Weitere oberste
Prinzipien waren der Verzicht auf studentische Abzeichen (Zirkel), Farben,
Bestimmungsmensuren (die Frisia wurde aber als schlagende Verbindung
gegründet) und die Fuchsendrillerei. Dafür sollten das Streben nach Wissenschaft
und treue Freundschaft das verbindende Band sein. Die Friesen pflegten ihre
gemeinsame Herkunft aus holsteinischen Dörfern und Kleinstädten
(Regionalpatriotismus) und dürften sich daher noch enger miteinander verbunden
gefühlt haben als viele Jungfriesen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.
Der eingeschränkte Reiz einer „Kneipe“ ohne Namen und die Aufforderung des
Rektors und Senats der CAU, sich als Verbindung zu organisieren, führte am 5. Juni
1880 zu einer strafferen Organisation und zum Gründungsabschluss mit dem
bekannten Namen: „Akademische Verbindung Frisia“. Zu festlichen Anlässen der
Hochschule chargierte sie (präsentierte sich) wie auch die übrigen Verbindungen und
studentischen Vereinigungen seinerzeit regelmäßig.
Die zunehmende Eigenständigkeit der Frisia führte zur völligen Abkehr von anderen
Verbindungen und 1887 zur Ausstattung mit einem eigenen Wichs (Festtracht für die
Amtsträger als Chargierte) sowie 1889 mit eigenen Mensur-Waffen. Selbst eine
Fahne sollte angeschafft werden, ohne allerdings zu bedenken, dass diese ja Farben
tragen würde. Der Plan wurde dann auch wieder verworfen. – Am Ende verblieb die
Frisia als einzige schwarze Verbindung in Kiel – bis heute!

Als Zeichen des gestiegenen Ansehens der Frisia wurde vor allem auf Betreiben des
AH Christian Boje aus Altona in der Muhliusstraße 60 das erste Verbindungshaus
erworben und am 11. November 1911 eingeweiht. Man betrachtete dieses Ereignis
als einen letzten Schritt in der Entwicklung der Verbindung, da nun endgültige
Selbständigkeit und ein eigener Mittelpunkt im Verbindungsleben erreicht waren.
Kriegsbedingt ruhte das Verbindungsleben bis 1919 – immerhin waren 90 der damals
136/ 172 Friesen eingezogen worden, von denen 16 im Krieg gefallen sind.

Die Frisia im Dritten Reich und ihre Auflösung
Nach der Niederlage im 1. Weltkrieg wurde die Studentenschaft insgesamt politischer
als bis dahin, in der Zeit der Weimarer Republik getragen vom Gram über den
politischen Abstieg des Deutschen Reiches, die Abtrennung Nordschleswigs und den
Zuwachs an gesellschaftlicher Bedeutung der Arbeiterklasse und mit deutlicher Kritik
an den damaligen Regierungen.
Der Gleichschaltungspolitik der dann folgenden NSDAP widersetzten sich die
Friesen bis zum WS 1934/35, wo auf Geheiß des NS-Studentenführers das Haus in
der Muhliusstraße in eine Erziehungsgemeinschaft und Wohnkameradschaft mit
Führerprinzip und politischer Schulung umgewandelt und der traditionelle
Altherrenausschuss aufgelöst wurde, wobei aber die Altherrenschaft bestehen blieb.
Die Friesen mussten im Gegensatz zu anderen Corporationen keine fremden
Studenten aufnehmen, sondern belegten sieben Betten mit eigenen Mitgliedern. § 1
der Statuten erhielt als Ergänzung die Formulierung der „Kameradschaft“ und der § 2
formulierte diplomatisch und für die Entwicklung der Frisia in der Nachkriegszeit
vorteilhaft mit den Worten: „Als schleswig-holsteinische Heimatverbindung tritt sie für
die Wahrung schleswig-holsteinischer Eigenart ein. Die Erhaltung der
niederdeutschen Sprache und die Förderung aller Bestrebungen zur Pflege
schleswig-holsteinischen Geisteslebens gehören zu ihren vornehmsten
Grundsätzen.“ Der zunehmende Druck führte im WS 1935/36 zum erzwungenen
Austritt und Übertritt von NS-Parteimitgliedern zum NS-Studentenbund und
schließlich nach ausdrücklicher Aufforderung von Seiten des Rektorats und der
Studentenschaftsführung zur Auflösung als letzte noch verbliebene Kieler
Verbindung am 29. Februar 1936. Damals gab es im 64. Verbindungsjahr bzw. nach
128 Semestern 277 Mitglieder, von denen 86 bereits verstorben waren.

Im Jahre 1937 zog die nationalsozialistisch geführte Kameradschaft „Friesland“ bis
zur Kapitulation Deutschlands 1945 in die Muhliusstraße 60 ein, der sich aber nur
wenige der „alten“ Friesen anschlossen. Die meisten lehnten eine Mitarbeit ab, denn
jene Kameradschaft konnte nur äußerlich durch Namen und Adresse mit der Frisia in
Verbindung gebracht werden. – Bis in die letzten Kriegsjahre hinein wurden weiterhin
Verabredungsmensuren gefochten.

Der Neubeginn nach 1945 bis heute
Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 mussten die Friesen zunächst das
Misstrauen der britischen Besatzungsbehörde beseitigen, die Corporationen als
Instrument hochnationalsozialistischer Studentengruppen betrachteten. Zudem war
das Verbindungshaus völlig zerbombt. Der Universitätsbetrieb war am 27. November
1945 unter schwierigsten Bedingungen wieder angelaufen. Aber würde sich eine von
einer fehlgeleiteten Ideologie missbrauchte und betrogene und desillusionierte
Generation zu einer Frisia hingezogen fühlen, deren Prinzipien doch Idealismus,
Opferbereitschaft und Gemeinschaftsgeist forderte, von denen bei den jungen
Studenten wohl kaum noch etwas übriggeblieben war?
Und dennoch: Im Haus der Familie Hell im Niemannsweg 103 konnten einige
Altherren-Söhne bei „Vadding“ (Ferdinand Hell) und seiner Gattin „Mudding“ im
legendären „Friesenkeller“ erste gemeinsame Kneipen abhalten und am 6. August
1946 unter „Vaddings“ Leitung das historische Gründungsprotokoll verfassen, das an
die britische Militärregierung mit dem Bittgesuch, eine „Niederdeutsche
Studentenvereinigung“ zusammenzustellen, weitergeleitet wurde. Dabei war die 1934
in Abgrenzung zu den Nazis erfolgte Formulierung des § 2 des Friesenstatutes und
die Abkehr vom Paukwesen hilfreich. Am 22. November 1948 gab der
Haupterziehungs-Kontroll-Offizier des Landes Schleswig-Holstein, James Ward, der
Frisia als erster Kieler Corporation die Erlaubnis, ihren Verbindungsbetrieb wieder
aufzunehmen. Halb legal hatten die Friesen schon zwei Jahre lang wichtige
Vorbereitungen geleistet, denn von 1946 – 1955, also bis zur Errichtung des neuen
Friesenhauses in der Beslerallee 22, offerierte Vadding Hell in seinem Hause den
„Friesenkeller“ und einige Studentenzimmer. Die weiterhin schwarze Frisia hielt sich
fern von Corporationsverbänden, war nicht streng landsmannschaftlich orientiert und
fortan nichtschlagend. Stattdessen zog der Segelsport als verbindendes Element in
die Frisia ein. Bereits im SS 1947 übergab F. Hell den Aktiven die Segelyacht

„Frisia“. Sie war das erste von bis heute 5 folgenden Booten, der Frisia II, III, IV und
V sowie einer Piraten- und einer Conger-Jolle (Lütt Frisia I und II). Für den Umgang
mit den Mitgliedern der Kameradschaft Friesland wurden Regelungen gefunden.
Und nach 14 Monaten Bauzeit konnte das unter Leitung von F. Hell errichtete neue
Friesenhaus auf dem von ihm erworbenen Grundstück in der Beselerallee 22 am 8.
Oktober 1955 zur Benutzung freigegeben werden. Zwölf Aktive bezogen neben
einem Hausmeisterehepaar das neue Haus.
Dieses erlebte im Jahr 1980 einen weitreichenden Um- und Anbau und insgesamt
zwei weitere Hausmeister, bis im Jahr xxx die Aktivitas vorschlug, auf Hausmeister
künftig zu verzichten, um das Haus in Absprache mit dem Altherren-Hauswart
weitgehend in Eigenregie zu bewirtschaften und den gewonnenen Wohnraum an
zusätzliche Aktive zu vermieten.
Im Jahr 2022 wurde das 150-jährige Stiftungsfest gefeiert.